Wir fahren also weiter Richtung Sahara und bleiben auf dem Weg dorthin noch bei einer Schlucht stehen, um uns die Steinformationen anzusehen und mit den Zehen ins Wasser zu steigen. Hier ist das Wasser im Winter sogar wärmer als im Sommer.
Aufgeregt packen wir das Nötigste in unsre Rucksäcke und lassen uns noch von unserem Guide den Kopf umwickeln.
Dann geht’s zu den Kamelen, die schon für uns bereit stehen. Ich bekomm sogar mein eigenes und bis zum Sonnenuntergang versuche ich jeden Zentimeter von mir und meinem Kamel mit dem Selfiestick zu erwischen. Auch ein Babykamel läuft mit der Gruppe mit und jedes Mal wenn es bergab geht, beginnt es zu stolpern und wird fast vom eigenen Gewicht zum Fallen gebracht – ein ziemlich lustiger Anblick.
Als es endlich dunkler wird, steigen wir ab und genießen den unfassbar schönen Sonnenuntergang. Der Sand leuchtet in roten Tönen und angelehnt an unsre Kamele sitzen wir im Sand und lassen den Moment auf uns wirken.
So schnell der Sonnenuntergang begonnen hat, so schnell ist er auch wieder vorbei. Das sollte der schönste Moment für die nächsten 24 Stunden gewesen sein. Es wird kalt – bitterkalt. Wer dachte die letzten Stunden im Auto und im letzten Hotel waren kalt, der hat sich gewaltig geirrt. Es wird so kalt, dass die Kinder nicht mehr aufhören wollen zu weinen und ich mich mit meinen 6 Schichten ans Kamel klammere und versuche meine Beinen an den warmen Bauch zu drücken – ohne Erfolg.
Im Camp angekommen der nächste Schock. Eine Decke pro Person, dünne Matratzen auf dem Zeltboden. Wir frieren schrecklich und auch die frisch-gekochte typische Tajine wärmt uns nicht wirklich. Auch auf einen Tee oder auch einfach nur Wasser warten wir vergeblich.
Um die Zeit trotzdem etwas zu genießen wird noch eine Shisha mit traditionellem Minztabak herumgereicht und ein Lagerfeuer vor dem Zelt entfacht. Wenigstens das wärmt uns etwas und während wir alle um das Feuer herumliegen, erzählen wir uns Geschichten und bewundern die 1000 Sterne die hell am Himmel leuchten.
Als das Lagerfeuer dann ausgeht verabschieden sich unsre Guides mit dem Versprechen uns in der Früh wieder abzuholen und lassen uns in der Wüste zurück – nur einer bleibt. Ich bin mir sicher, sie wissen genau wie kalt es ist und wollen sich das Ganze ersparen…
Also ab auf die Matratzen. Es wird die kälteste Nacht meines Lebens. Obwohl wir versuchen uns wie Tacos einzurollen frieren wir so schrecklich, dass an Schlaf kaum zu denken ist. Ich setze mir immer wieder eine Uhrzeit als Ziel um die Nacht zu überstehen, aber es kostet mich unendlich viel Kraft. Vor allem als ich mitten in der Nacht auf die Toilette muss würde ich am liebsten einfach liegen bleiben, denn das WC hier ist einfach genau das Fleckchen Sand, das man sich irgendwo in Zeltnähe aussucht.
Irgendwie schaffen wir es dann doch und mit dunklen Ringen unter den Augen warten wir in der Früh um 5:30 auf unsren Kamelritt Richtung Sonnenaufgang.
Unsre Guides kommen statt um 5:30 um 6:00 und erlauben uns nicht die Decken an die wir uns klammern mitzunehmen. Wir steigen also wieder auf die Kamele und los geht’s. Genießen kommt nicht in Frage. Kaum jemand macht Fotos von dem sich langsam nähernden Sonnenaufgang – alle sind viel zu beschäftigt die Kinder zu beruhigen, die immer noch bzw. schon wieder weinen, oder sich am Kamel festzuklammern.
Ich spüre wie mir heiße Tränen die Wangen hinunterlaufen. Ich spüre meine Zehen nicht mehr und auch meine Finger beginnen taub zu werden. Es fühlt sich an als würde jemand pausenlos Nadeln in meine Oberschenkel stechen. Ich kann mich nicht mehr festhalten und muss zu jemand andrem aufs Kamel, damit ich mich anlehnen kann, ohne mich an den Metallriemen festhalten zu müssen.
Nach einer Ewigkeit am Kamel – es kommt mir vor wie Stunden – kommen wir endlich zurück zu unsrem Ausgangspunkt. Ein kleines Haus, indem wir Tee und Brot zum Frühstück bekommen. Meine Finger sind so taub, dass ich nicht einmal die Tasse halten kann und um mich etwas aufzuwärmen werde ich von dem deutschen Pärchen mit ihrem Thermoschlafsack umwickelt. Es hilft ein wenig und bald kann ich sogar meinen Tee trinken.
Kurz darauf erwartet uns allerdings die nächste Überraschung. Der Bus nach Fès, den wir in Marrakesch bezahlt und gebucht haben, existiert anscheinend gar nicht. Das Geld sei auch nie aufgetaucht laut unseren „netten“ Guides. Zufälligerweise warten jedoch schon zwei private Taxis auf uns, die Lin – meine momentane chinesische Reisepartnerin – und die andren vier Personen nach Fes weiterfahren werden – reiner Zufall natürlich.
Wir müssen noch einmal dafür bezahlen und zwar mehr als das Doppelte, das wir bereits schon für den Bus bezahlt haben. Aufregen bringt nicht viel und so bleibt uns nicht andres übrig, als für ca. 40 Euro pro Person die acht Stunden im Taxi anzutreten.